Fallbeispiele

Dokumentation eines realen Falles im Umgang mit einem DSGVO-Generator

1. Anlass

In diesem Artikel wird ein realer Fall dokumentiert, bei dem ein gemeinnütziger Verein mit einer urheberrechtlichen Forderung konfrontiert wurde. Diese bezog sich auf die Nutzung einer gesetzlich vorgeschriebenen Datenschutzerklärung. Eine Kanzlei, die einen kostenlosen Textgenerator zur Verfügung stellt, machte per E-Mail geltend, dass der auf der Vereinswebsite veröffentlichte Text aus ihrem Generator stamme und urheberrechtlich geschützt sei. Da ein geforderter Quellhinweis („Backlink“) fehle, wurde ein pauschaler Lizenzschadenersatz in Höhe von 250 € angeboten – zur Abwendung weiterer rechtlicher Schritte.

2. Sachverhalt in Kurzform

  • Der Verein nutzte eine Datenschutzerklärung, deren Ursprung intern nicht mehr nachvollziehbar war.
  • Die Kanzlei kontaktierte den Verein per E-Mail mit dem Angebot, einen „pauschalen Lizenzschadenersatz“ zu zahlen. Bei Geldeingang innerhalb von 7 Tagen würden weitere Schritte unterbleiben.
  • Die Mail enthielt stilistische Merkmale von Massenschreiben (z. B. uneinheitliche Schriftformate und Textbausteine), was zunächst zu keiner Reaktion führte.
  • Der Verein prüfte seine Datenschutzerklärung, stellte Formatierungsfehler fest und überarbeitete sie vorsorglich und beließ den Sinngehalt gleich.
  • Die Kanzlei wurde über diese Änderungen informiert. Es folgte ein längerer E-Mail-Wechsel, in dem die Kanzlei auf ihrer Rechtsauffassung beharrte und den Ton zunehmend verschärfte.
  • Nach interner Diskussion entschied sich der Verein zur Zahlung, um weiteren Aufwand und mögliche Eskalation zu vermeiden.
  • Gleichzeitig wurde um einen Nachweis über den Verwendungszweck der Zahlung gebeten, um der vereinsrechtlichen Rechenschaftspflicht gegenüber den Mitgliedern zu genügen.
  • Der Anwalt reagierte darauf sinngemäß mit dem Hinweis, dass ein solcher Nachweis mit „deutlich höheren Kosten“ verbunden wäre.
  • Als Verantwortlicher für den Webauftritt entschloss ich mich daraufhin, die Hintergründe selbst näher zu analysieren.

3. Kritische Punkte und offene Fragen

  • Auf der Generator-Seite fehlt eine klare Rechtsfolgenbelehrung oder Möglichkeit zur Zustimmung zu den Bedingungen.
  • In früheren Versionen war nur von einer „Bitte“ die Rede, nicht von einer verbindlichen „Bedingung“.
  • Die Datenschutzerklärung der Kanzlei selbst stammt offenbar nicht aus dem Generator, sondern ist stellenweise identisch mit anderen, öffentlich zugänglichen Texten.
  • Die Kanzlei gibt keinen eigenen Urheberrechtshinweis zu den Inhalten der Website, wirbt jedoch mit rechtlicher Expertise.
  • Die Behauptung, der verwendete Text stamme nachweislich aus dem Generator, wurde nicht belegt.

4. Der Generator als Geschäftsmodell

  • Die Website der Kanzlei bewirbt den Generator als Schutz vor Abmahnungen.
  • Gleichzeitig wird ein „pauschaler Lizenzschadenersatz“ gefordert, wenn der Quellhinweis fehlt.
  • Bei Ablehnung wird mit rechtlichen Schritten gedroht, der Ausgang bleibt für den Empfänger unklar.
  • Eine rechtlich belastbare Grundlage wird nicht nachvollziehbar dargelegt.
  • Vergleichbare Fälle wurden bereits in der Schweiz dokumentiert.
  • Eine explizite Rechtsfolgenbelehrung beim Generieren des Textes fehlt.
  • Eine Zustimmungsmöglichkeit zu etwaigen Bedingungen ist nicht vorgesehen.
  • Der Generator kann anonym genutzt werden, was eine rechtlich wirksame Einwilligung erschwert.
  • Es entsteht der Eindruck, dass die Kanzlei darauf spekuliert: lieber 250 € zahlen und das Thema abhaken, als Zeit und Geld in einen ungewissen Rechtsstreit zu investieren.

5. Ethische Bewertung

  • Rechtlich mag der Fall diskutabel sein, ethisch jedoch bleibt ein unguter Beigeschmack.
  • Es ging in der Kommunikation nicht um Schlichtung, sondern um eine unmittelbare Zahlungsaufforderung mit subtiler Drohung.
  • Die Vorgehensweise widerspricht in Teilen der auf der Kanzleiwebsite selbst propagierten „Philosophie“ (keine Massenabmahnungen, keine unlauteren Methoden etc.) und wirft Fragen nach der tatsächlichen Umsetzung dieser Grundsätze auf.

6. Fazit

Was die Betreiberkanzlei des Generators aus rechtlicher und kommunikativer Sicht hätte besser machen können:

  1. Ein erster freundlicher Hinweis, dass der geforderte Quellvermerk fehlt, statt eine sofortige Zahlungsaufforderung gepaart mit indirekter Androhung juristischer Schritte zu kommen.
  2. Eine anschließende Forderung wäre allenfalls dann nachvollziehbar gewesen, wenn sie als pauschaler „Lizenzschadensersatz“ begründet und durch zwei Aspekte untermauert worden wäre:
    • Nachweis einer urheberrechtlichen Schöpfungshöhe der Texte (z. B. durch ein Gutachten oder ein entsprechendes Urteil),
    • Darlegung, worin konkret die Rechtsverletzung besteht, insbesondere ob und wie der Text tatsächlich aus dem Generator stammt.
  3. Ein klar formulierter Hinweis auf der Generator-Seite, dass der generierte Text urheberrechtlich geschützt ist, einschließlich ein deutlicher Hinweis, dass das Entfernen des Quellverweises („Link Juice“) rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
  4. Ein ausdrücklicher Urheberrechtsvermerk auf der Website der Kanzlei, der die Texte als geschützte Inhalte kennzeichnet. Bislang findet sich dort lediglich ein Hinweis zu verwendeten Bildrechten.

Die komplette (geschwärzte) Kommunikation mit dem Anwalt der Kanzlei:

Die Datenschutzerklärung der Kanzlei und einer Website, die vermeintlich (räumliche Distanz) nichts mit der Kanzlei zu tun hat:

Der Text mit dem Hinweis auf die „einzige Bedingung zur kostenlosen Nutzung“ sowie die frühere Fassung als Bitte formuliert sowie Werbung der Kanzlei, die streng genommen im Widerspruch zur Vorgehensweise steht:

Ausschnitte aus dem Artikel der Schweizer Kanzlei und ein Nachtrag vom 24. Februar 2023:

 

Hinweis:

Diese Seite ist Teil eines nicht-kommerziellen Projekts zur rechtsphilosophischen Auseinandersetzung mit digitalen Strukturen, Urheberrecht und KI-generierten Inhalten.